Die folgende Konstellation kommt in der Praxis vergleichsweise häufig vor: Der Gläubiger beauftragt den Gerichtsvollzieher damit, dem Schuldner die Vermögensauskunft abzunehmen. Der Schuldner erscheint unentschuldigt nicht zum Termin. Daraufhin beantragt der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht den Erlass eines Haftbefehls und anschließend beim Gerichtsvollzieher die Verhaftung des Schuldners. Der Gerichtsvollzieher teilt dem Gläubiger einige Zeit später mit, dass er den Schuldner trotz mehrfacher Verhaftungsversuche nicht angetroffen habe, er den Verhaftungsauftrag deshalb nicht vollziehen könne und die Vollstreckung einstelle.
Welche Handlungsoptionen hat der Gläubiger, um den Vollstreckungsdruck zu erhöhen?
Dem Gläubiger bleibt in dieser Konstellation nur die nächste Eskalationsstufe: eine zwangsweise Öffnung der Wohnung. Auf diesem Weg kann durchaus ein erheblicher Vollstreckungsdruck entstehen, wenn der Schuldner nach Hause kommt und sein Schlüssel nicht mehr passt, weil das Schloss im Zuge der Zwangsöffnung ausgetauscht wurde. Unter Umständen gelingt es dem Gerichtsvollzieher, den Schuldner zu verhaften, wenn er seinen (z. B. bei der Polizei hinterlegten) neuen Wohnungsschlüssel abholen will.
Grundsätzlich kann die Wohnung des Schuldners bereits aufgrund des Haftbefehls zwangsweise geöffnet werden, d. h. ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss ist dafür nicht erforderlich (§ 758a Abs. 2 ZPO). Allerdings lehnen es einige Gerichtsvollzieher ab, die Wohnung zwangsweise zu öffnen, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich der Schuldner in der Wohnung aufhalte (so auch LG Leipzig, Beschluss vom 18.12.2018, Az. 4 T 795/18). In diesem Fall könnte der Gläubiger die Wohnung nur mit einem Durchsuchungsbeschluss zum Zwecke der Sachpfändung zwangsweise öffnen lassen. Nach anderer Auffassung kann die Wohnung auch dann zwangsweise geöffnet werden, wenn Anhaltspunkte für die Anwesenheit des Schuldners in der Wohnung fehlen (AG Halle (Saale), Beschluss vom 24.06.2008, Az. 53 M 3508/08).
In der obigen Fallkonstellation kann es daher sinnvoll sein, die Vollstreckungsunterlagen und den Haftbefehl erneut an den Gerichtsvollzieher zu senden und ihn ausdrücklich mit der zwangsweisen Öffnung der Wohnung zu beauftragen. Lehnt er dies mit Verweis auf fehlende Anhaltspunkte für eine Anwesenheit des Schuldners ab, kann der Gläubiger dagegen mit der Erinnerung (§ 766 ZPO) vorgehen oder den Umweg über einen Durchsuchungsbeschluss gehen.
Ist der Gläubiger nicht kostenbefreit und wurde ihm auch keine Prozesskostenhilfe bewilligt, sollten allerdings die Kosten für die zwangsweise Öffnung der Wohnung in die Entscheidungsfindung eingezogen werden. Dabei handelt es sich in der Regel um einen dreistelligen Betrag, weil sich der Gerichtsvollzieher eines Schlüsseldienstes bedienen wird. Er wird deshalb regelmäßig auch einen Kostenvorschuss anfordern. Ist der Gläubiger kostenbefreit oder wurde ihm Prozesskostenhilfe bewilligt, können auch die Schlosserkosten bei ihm nicht erhoben werden. Naturgemäß scheidet damit auch ein Vorschuss aus.
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