Bis zum 26.04.2019 hieß es in § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG:
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 bis 4 gelten für die Kosten der Mahnung und der Vollstreckung die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG) und der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen; § 25 SächsVwKG findet keine Anwendung.
§ 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG
§ 25 SächsVwKG lautete bis zum 26.04.2019:
Die Gemeinden, Landkreise und sonstigen kommunalen Körperschaften des öffentlichen Rechts können für ihre Amtshandlungen in weisungsfreien Angelegenheiten aufgrund von Satzungen Kosten erheben.
§ 25 SächsVwKG
Zum 27.04.2019 haben sich mehrere Änderungen ergeben. Zum einen existiert § 25 SächsVwKG mit dem oben genannten Regelungsgehalt nicht mehr und die entsprechende Bezugnahme in § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG ist weggefallen. Neu eingefügt wurde indes § 8a Abs. 1 S. 2 SächsKAG:
Gemeinden und Landkreise können für ihre Amtshandlungen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Leistungen in weisungsfreien Angelegenheiten Verwaltungsgebühren und Auslagen erheben, sofern nicht dafür andere Abgaben nach diesem Gesetz erhoben werden können. Abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 2 muss die Satzung die verwaltungsgebühren- und auslagenpflichtigen Tatbestände sowie die Höhe der Gebühren bestimmen.
§ 8a Abs. 1 S. 2 SächsKAG
Es stellt sich die Frage, was daraus für die Kosten der Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten folgt. Alternative 1: Auch für die Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten gilt wegen § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG zwingend das SächsVwKG mit den dort geregelten Gebühren. Weder braucht es eine kommunale Satzung, noch könnte sie etwas anderes regeln (das entspräche zB der Rechtslage in Sachsen-Anhalt). Alternative 2: Um für die Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten Kosten zu erheben, braucht es eine kommunale Satzung. Sie kann entweder auf die Kosten nach dem SächVwKG verweisen oder eigene Kostentatbestände und ‑höhen vorsehen.
Meines Erachtens trifft die Alternative 1, dh um für die Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten Kosten zu erheben, braucht es keine kommunale Satzung. Das SächsVwKG ist aufgrund von § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG anwendbar. Das ergibt sich aus folgenden Argumenten:
- Unzweifelhaft ist § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SächsVwVG, der bestimmt, dass Gemeinden und Landkreise für ihre Leistungsbescheide Vollstreckungsbehörden ist, auch auf Forderungen aus weisungsfreien Angelegenheiten anwendbar. Rechtssystematisch erschließt sich nicht, weshalb das dann für den unmittelbar folgenden Satz desselben Absatzes nicht gelten soll.
- Für die Vollstreckung durch Finanzämter sieht § 4 Abs. 1 S. 3 SächsVwVG eine Ausnahme vor, nach der für die Kosten der Vollstreckung nicht das SächsVwKG, sondern die AO anwendbar ist. Eine derartige Ausnahme fehlt für die Kosten der Mahnung und Vollstreckung durch Gemeinden und Landkreise in weisungsfreien Angelegenheiten.
- Bei § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG handelt es sich um die speziellere Norm für die Kosten der Mahnung und Vollstreckung, während sich § 8a Abs. 1 S. 2 SächsKAG allgemeiner auf “Amtshandlungen“ bezieht. Als lex generalis tritt § 8a Abs. 1 S. 2 SächsKAG daher für die Kosten der Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten hinter § 8a Abs. 1 S. 2 SächsKAG zurück.
- Die Anwendung von § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG auf die Kosten der Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten gewährleistet, dass für Mahnungen und Vollstreckungshandlungen, die einheitlich nach denselben Bestimmungen des SächsVwVG durchgeführt werden, auch die Kosten einheitlich nach denselben Vorschriften erhoben werden.
- Der Anwendung des SächsVwKG auf die Kosten der Mahnung und Vollstreckung in weisungsfreien Angelegenheiten steht nicht entgehen, dass sie in § 1 Abs. 1 S. 1 SächsVwKG, der den Anwendungsbereich des SächsVwKG definiert, nicht aufgeführt sind. Der Anwendungsbereich des SächsVwKG wird durch den Verweis in § 4 Abs. 1 S. 2 SächsVwVG erweitert. Nicht anders verhielte es sich, wenn eine kommunale Satzung auf das SächsVwKG verweisen würde.
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