Eine Situation, die in der Praxis immer wieder auftaucht: Ein Kind bezieht Leistungen nach dem UVG, der Unterhaltsschuldner verstirbt und das Kind beerbt ihn. Muss das Kind nun die nach § 7 UVG auf das Land übergegangenen Unterhaltsrückstände begleichen und damit — wirtschaftlich betrachtet — seinen eigenen Unterhalt wieder zurückzahlen?
Die Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes sehen dazu vor:
Ist der unterhaltschuldende Elternteil verstorben, so sind die allgemeinen Regelungen des Erbrechts (§§ 1922 ff, 1967 ff BGB) anzuwenden und Rückgriff bei den Erben zu nehmen. Ist das Kind Alleinerbe geworden, ist Rückgriff beim Kind zu nehmen.
Nr. 7.1.4 RL-UVG
Aber liegt durch den Erbfall nicht eine sogenannte “Konfusion“ vor, die zum Erlöschen des Anspruchs geführt hat? Bei einer Konfusion vereinigen sich Gläubiger und Schuldner einer Forderung in einer Person, zB weil der Gläubiger den Schuldner beerbt. Das ist hier aber nicht passiert: Gläubiger des nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsrückstands war zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht (mehr) das Kind, sondern das Land. Durch den Erbfall haben sich daher Gläubiger (Land) und Schuldner (Unterhaltsschulder) nicht in einer Person vereinigt. Die auf das Land übergegangenene Unterhaltsforderung ist daher nicht durch Konfusion erloschen.
Rechtlich ist der von den Richtlinien zum UVG vorgesehene Rückgriff beim Kind daher möglich. Doch ist das — eine rechtsphilosophische Frage — “gerecht“ oder sollten die Richtlinien insoweit geändert werden? Wer die Richtlinien in diesem Punkt für zu hart, unangemessen oder schlicht “ungerecht“ hält, übersieht wesentliche Elemente des Erbrechts. Das Kind haftet erbrechtlich zwar unbeschränkt, aber auf den Nachlass beschränkbar. Dafür muss es lediglich die vielfältigen Möglichkeiten der erbrechtlichen Haftungsbeschränkung nutzen, insbesondere:
- Dreimonatseinrede (§ 2014 BGB)
- Aufgebotsverfahren (§ 2015 BGB, §§ 1970 ff. BGB, §§ 454 ff. FamFG)
- Erschöpfungseinrede (§ 1973)
- Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975, 1980 BGB)
- Nachlassverwaltung (§§ 1975, 1981 BGB)
- Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB)
Aus keinem sachlich nachvollziehbaren Grund müssen die Richtlinien zum UVG dem vorauseilend Rechnung tragen. Der haushälterische Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparksamkeit verlangt vielmehr das Gegenteil. Das gilt selbst dann, wenn das Kind minderjährig ist. In diesem Fall obliegt es seinem gesetzlichen Vertreter, bei einer Annahme der Erbschaft ggf. von den Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Gebrauch zu machen. Bei Versäumnissen des gesetzlichen Vertreters ist der Minderjährige durch die Haftungsbeschränkung nach § 1629a BGB hinreichend geschützt.
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