In der Praxis kommt es hin und wieder vor, dass ein Insolvenzschuldner aus seinem insolvenzfreien Vermögen Raten an einen Insolvenzgläubiger zahlt. Es stellt sich dann die Frage, ob der Schuldner diese Zahlungen ohne Nachteile leisten und der Gläubiger sie behalten darf. Die zutreffende Antwort lautet jeweils: ja.
Zur Gläubigersicht der BGH:
Gemäß § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch nach den Vorschriften des Insolvenzrechts verfolgen. Sie haben ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden, Zwangsvollstreckungen sind weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig (§ 89 Abs. 1 InsO). Damit soll erreicht werden, dass die Insolvenzgläubiger gleichmäßige Befriedigung erlangen […]. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger gilt während der Dauer des Insolvenzverfahrens jedoch nur in Bezug auf die Insolvenzmasse. Sie soll der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger zur Befriedigung zur Verfügung stehen und muss vor unberechtigten Zugriffen einzelner Gläubiger geschützt werden. Für das freie, nicht zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren hingegen nicht. […] Freiwillige Zahlungen des Schuldners mit Mitteln, die nicht zur Insolvenzmasse gehören (dies sind insbesondere unpfändbare Gegenstände, § 36 InsO), sind daher durch die §§ 87, 89 InsO nicht untersagt. Dies entspricht auch der im Schrifttum herrschenden Auffassung […]. Geht der Schuldner auf das Verlangen des Gläubigers ein und erbringt er eine Zahlung aus seinem insolvenzfreien Vermögen, verletzt er nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung in seinem von der Insolvenzordnung gezogenen Rahmen.
BGH, Urteil vom 14.01.2010, Az. IX ZR 93/09
Zu Schuldnersicht beispielsweise das AG Göttingen:
[…] ist eine Schuldnerin nach überwiegender Auffassung nicht daran gehindert, aus ihrem pfändungsfreien Vermögen Sonderzahlungen an Gläubiger zu leisten (so AG Coburg Beschluss vom 15.12.2003 — IK 188/00 — ZVI 2004, 313 im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO; FK-InsO/Ahrens § 294 Rz. 32; Kübler/Prütting/Wenzel InsO, § 294 Rz. 5; MünchKomm/InsO — Ehricke § 294 Rz. 32).
AG Göttingen, Beschluss vom 05.08.2005, Az. 74 IN 162/04
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