Nach § 93 Abs. 8 S. 2 Nr. 1 AO dürfen die Vollstreckungsbehörden unter anderem einen Kontenabruf durchführen, wenn
“der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht, eine Vermögensauskunft zu erteilen, nicht nachkommt”
§ 93 Abs. 8 S. 2 Nr. 1 AO
Entsprechendes gilt nach § 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO für den Gerichtsvollzieher, wenn
“der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach[kommt]”
§ 802l Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO
Die Voraussetzungen für einen Kontenabruf sind damit unproblematisch gegeben, wenn der Gerichtsvollzieher oder die Vollstreckungsbehörde den Schuldner zum Termin geladen hat und der Schuldner sodann nicht erscheint oder die Abgabe der Vermögensauskunft grundlos verweigert. Doch liegen die Voraussetzungen auch vor, der Schuldner zum Termin für einen anderen Gläubiger nicht erschienen ist oder einem anderen Gläubiger die Abgabe grundlos verweigert hat? Das kann für bis zu drei Jahre dem Schuldnerverzeichnis entnommen werden (vgl. §§ 882b Abs. 1 Nr. 1, 2, 802c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, § 284 Abs. 9 S. 1 Nr. 1 AO).
Nach zutreffender Auffassung genügt das Nichterscheinen oder grundlose Verweigern im Verfahren eines anderen Gläubigern nicht, um einen Kontenabruf durchzuführen. Zu § 802l ZPO führt das LG Stuttgart unter anderem aus:
Wenn aus dem Schuldnerverzeichnis ersichtlich ist, dass der Schuldner […] bereits in einer Vielzahl von Fällen die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert hat, scheint zwar der Schluss naheliegend, dass es sich um einen Schuldner handelt, welcher prinzipiell nicht auf Terminsbestimmungen zur Abgabe der Vermögensauskunft […] reagiert. Es kann aber dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Anforderung an den Folgegläubiger, ebenfalls das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft durchzuführen, als bloße “Förmelei“ erscheinen würde. […] Schließlich müsste, wenn man den Antrag eines Folgegläubigers zulässt, jedenfalls eine zeitliche Begrenzung einzuführen sein. Die pflichtwidrige Nichtabgabe der Vermögensauskunft kann nicht auf unbestimmte Zeit den direkten Weg aller Gläubiger zur — grundsätzlich den Schuldner stärker belastenden — Drittauskunft eröffnen.
LG Stuttgart, Beschluss vom 22.02.2019, Az. 10 T 61/19
Für § 93 Abs. 8 S. 2 Nr. 1 AO kann nichts anderes gelten.
Eine abweichende Auffassung zu § 802l ZPO vertritt aber beispielsweise das AG Heidelberg, Beschluss vom 08.01.2016, Az. 1 M 71/15.
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