[Aktualisierte Fassung] Zahlreiche Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitenden in diesen Tagen Corona-Prämien oder Corona-Sonderzahlungen. Hat ein Gläubiger das Arbeitseinkommen gepfändet, stellt sich die Frage, ob diese Leistungen pfändbar oder unpfändbar sind.
Handelt es sich um eine Corona-Prämie im Sinne des § 150a SGB XI, die von zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Jahr 2020 an ihren Beschäftigten zum Zweck der Wertschätzung für die besonderen Anforderungen während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie gezahlt wird, ist sie aufgrund der speziellen Regelung in § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI unpfändbar. Das pfändbare Einkommen wird dann ohne Berücksichtigung dieser Sonderzahlung ermittelt.
Corona-Prämien oder ‑Sonderzahlungen durch Arbeitgeber anderer Branchen, z. B. des öffentlichen Dienstes im Rahmen der aktuellen Tarifabschlüsse, könnten Erschwerniszulagen im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPOsein. Sie wären dann ebenfalls unpfändbar, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Gegen diese Einordnung der Corona-Prämien und ‑Sonderzahlungen spricht jedoch das systematische Argument, dass es dann der Regelung in § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI für Pflegeeinrichtungen nicht bedurft hätte, denn § 850a Nr. 3 ZPO gilt freilich auch in dieser Branche. Anders formuliert: Daraus, dass der Gesetzgeber § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI geschaffen hat, ergibt sich, dass § 850a ZPO im Übrigen nicht greift. Deshalb sind die Corona-Prämien und ‑Sonderzahlungen außerhalb von § 150a SGB XI nicht als Erschwerniszulagen im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen. Sie sind vielmehr „normales“ Arbeitseinkommen und im Rahmen der §§ 850c, d, f Abs. 2 ZPO pfändbar.
Die Frage der (Un-)Pfändbarkeit hat zunächst der Arbeitgeber zu entscheiden. Der Entscheidung kann sich der Arbeitgeber nicht durch eine Hinterlegung nach § 853 ZPO entziehen, weil es sich nicht um die Frage handelt, welchem von mehreren pfändenden Gläubigern die Beträge zustehen. Sind der Gläubiger oder der Schuldner mit der Entscheidung nicht einverstanden, steht ihnen der Weg über eine Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht offen.
Zwischenzeitlich gibt es auch erste Gerichtsentscheidungen aus vollstreckungs- und arbeitsrechtlichen Verfahren, die zu dieser Problematik veröffentlicht wurden:
- Das AG Zeitz, Beschluss vom 10.08.2020, Az. 5 M 837/19, sieht eine sittenwidrige Härte im Sinne des § 765a ZPO (eine vergleichbare öffentlich-rechtliche Norm wäre z. B. § 258 AO), soweit es sich um eine lohnsteuer- und sozialversicherungsfreie Sonderleistung des Arbeitgebers handelt. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber über