Pfän­dung und Pfänd­bar­keit der Energiepreispauschale

In der Pra­xis kommt es ver­mehrt zu Fra­gen, ob die En­er­gie­preis­pau­scha­le (EPP) bei Ar­beit­neh­mern pfänd­bar ist und wie sie ggf. ge­pfän­det wer­den kann. In die­sem Zu­sam­men­hang sind meh­re­re Aspek­te zu unterscheiden:

  1. Wird die EPP von ei­ner Lohn­pfän­dung er­fasst oder muss(te) sie ge­son­dert ge­pfän­det werden?
  2. Ist die EPP an der Quel­le, d. h. beim Ar­beit­ge­ber, pfändbar?
  3. Was gilt, wenn die EPP auf ei­nem ge­pfän­de­ten Pfän­dungs­schutz­kon­to eingeht?
  4. Was gilt, wenn die EPP auf ei­nem ge­pfän­de­ten ge­wöhn­li­chen Gi­ro­kon­to eingeht?

Zu 1.: Das Ar­beits­ein­kom­men im voll­stre­ckungs­recht­li­chen Sin­ne wird durch § 850 ZPO de­fi­niert. Um “sons­ti­ge Ver­gü­tun­gen für Dienst­leis­tun­gen al­ler Art, die die Er­werbs­tä­tig­keit des Schuld­ners voll­stän­dig oder zu ei­nem we­sent­li­chen Teil in An­spruch neh­men” i. S. d. § 850 Abs. 2 ZPO a. E. han­delt es sich nicht, weil die EPP kei­ne Ver­gü­tung für Dienst­leis­tun­gen ist. Eben­so schei­det § 850 Abs. 3 ZPO aus. Auch § 850 Abs. 4 ZPO ist nicht er­füllt, weil die EPP kei­ne Ver­gü­tung aus ei­ner Ar­beits- oder Dienst­leis­tung dar­stellt, denn das be­schreibt ei­ne Ge­gen­leis­tung in ei­nem Aus­tausch­ver­hält­nis, die die EPP nicht ist. Die blo­ße Aus­zah­lung durch den Ar­beit­ge­ber nach § 117 Abs. 1 S. 1 EStG ge­nügt für sich nicht, da­mit sie von ei­ner Lohn­pfän­dung er­fasst wird (vgl. das eben­falls vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­zahl­te, aber nicht von der Lohn­pfän­dung er­fass­te Kurz­ar­bei­ter­geld). Das deckt sich mit den Aus­füh­run­gen des BMF (VI. 27):

Die EPP ist von ei­ner Lohn­pfän­dung nicht um­fasst, da es sich ar­beits- und so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­lich nicht um „Ar­beits­lohn“ oder „Ar­beits­ent­gelt“ han­delt. Die steu­er­recht­li­che Ein­ord­nung der EPP als Ar­beits­lohn ist in­so­weit unbeachtlich.

Die­se Äu­ße­rung des BMF be­zieht sich im Üb­ri­gen nur auf die Fra­ge, ob die EPP von ei­ner Lohn­pfän­dung er­fasst wird (“ist von ei­ner Lohn­pfän­dung nicht um­fasst”). Ob sie bei ei­ner ge­son­der­ten Pfän­dung ei­nen Pfän­dungs­schutz ge­nießt, lässt das BMF offen.

Zu­nächst bleibt aber fest­zu­stel­len, dass die EPP — vor­be­halt­lich ei­nes Pfän­dungs­schut­zes — nur ei­ner ge­son­der­ten Pfän­dung zu­gäng­lich war bzw. (mit Blick auf rück­stän­di­ge Aus­zah­lun­gen und ggf. künf­ti­ge Pau­scha­len) zu­gäng­lich ist.

Zu 2.: Ein Pfän­dungs­schutz kraft Ge­set­zes ist nicht er­sicht­lich. Da es sich nicht um Ar­beits­ein­kom­men i. S. d. § 850 ZPO han­delt, schei­det § 850a ZPO be­reits aus die­sem Grund aus (im Er­geb­nis eben­so, aber mit an­de­rer Be­grün­dung Ah­rens, NJW-Spe­zi­al 2022, 341 f., (341)). Auch § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 Alt. 1 BGB greift nicht, weil es da­für an der hin­rei­chen­den Zweck­bin­dung fehlt (Ah­rens, NJW-Spe­zi­al 2022, 341 f., (341)). Ei­ne ge­son­der­te Pfän­dung der EPP war und ist da­her zulässig.

Frag­lich ist je­doch, ob dem Schuld­ner auf An­trag Pfän­dungs­schutz nach § 850i ZPO zu­steht. Es könn­ten “sons­ti­ge Ein­künf­te, die kein Ar­beits­ein­kom­men sind” i. S. d. § 850i Abs. 1 Alt. 2 ZPO vor­lie­gen. Das setzt je­doch vor­aus, dass es sich um selbst er­wirt­schaf­te­te Ein­künf­te han­delt (BGH, Be­schluss vom 21.02.2019, Az. IX ZB 7/17, ju­ris). Dar­an fehlt es bei der EPP, so dass § 850i ZPO ausscheidet.

Da­mit bleibt le­dig­lich ein Pfän­dungs­schutz auf An­trag nach § 765a ZPO (und ver­gleich­ba­ren Ge­ne­ral­klau­seln des Voll­stre­ckungs­schut­zes im Ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­recht wie § 258 AO). Das ist ei­ne Ent­schei­dung im Ein­zel­fall, bei der vor al­lem die wirt­schaft­li­che Si­tua­ti­on und Per­spek­ti­ve des Schuld­ners so­wie die Art (z. B. lau­fen­der Kin­des­un­ter­halt) und Hö­he der Voll­stre­ckungs­for­de­rung zu be­rück­sich­ti­gen sind.

Die oben zi­tier­te und zu­tref­fen­de Aus­sa­ge des BMF, dass die EPP von ei­ner Lohn­pfän­dung nicht um­fasst wer­de, be­zieht sich — wie be­reits aus­ge­führt — nicht auf den Pfändungsschutz.

Zu 3: Da die §§ 906 Abs. 2, 850a, 850i, 851 ZPO aus­schei­den (sie­he oben), bleibt beim Ein­gang der EPP auf ei­nem ge­pfän­de­ten Pfän­dungs­schutz­kon­to nur ein Pfän­dungs­schutz auf An­trag nach §§ 906 Abs. 2, 765a ZPO und ent­spre­chen­den Nor­men. Das ist wie­der­um ei­ne Ein­zel­fall­ent­schei­dung (sie­he oben).

Zu 4: Beim Ein­gang der EPP auf ei­nem ge­pfän­de­ten ge­wöhn­li­chen Gi­ro­kon­to kommt eben­falls ein Pfän­dungs­schutz auf An­trag nach § 765a ZPO und ent­spre­chen­den Nor­men in Be­tracht, der auch für ge­wöhn­li­che Gi­ro­kon­ten nicht aus­ge­schlos­sen ist. Das ist aber­mals ei­ne Ent­schei­dung im Ein­zel­fall (sie­he oben).

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